Christoph, Geb. 18.03.2007 SSW 26+1 38cm 960gr.

Es war eine ganz normale Schwangerschaft ohne Komplikationen. Ich hatte kaum etwas zugenommen. War in der Woche vorher noch ganz normal zur Routineuntersuchung beim Frauenarzt, es wurde das erste CTG ohne Komplikationen gemacht.

Am 17.03.2007 ging ich ganz normal abends ins Bett und an was ich mich als nächstes erinnern kann ist, dass das ganze Schlafzimmer voller Sanitäter stand. Zuerst begriff ich gar nicht was passiert war. Mein Mann erzählte mir, dass ich einen Krampfanfall gehabt hätte und er daraufhin den Krankenwagen gerufen hatte. Der Arzt überredete mich, mit ins Krankenhaus zu fahren. Dort kam ich in den Kreißsaal und wurde überwacht. Die Ärzte entschlossen sich, mir eine Lungenreifungs-Spritze zu geben. Kurz darauf erlitt ich einen weiteren Krampfanfall und die Ärzte entschieden sich sofort zu einem Notkaiserschnitt. Als ich wieder zu mir kam lag ich auf der Intensivstation, kein Kind mehr im Bauch und wusste eigentlich gar nicht, was geschehen war. Mein Mann brachte mir dann das erste Bild von Christoph und ich war am Boden zerstört. Der Schwangerschaft so abrupt beraubt, ein Bild eines Kindes in der Hand, das fast wie ein „Alien“ aussah (Originalton einer Bekannten beim Zeigen des Fotos) und die große Angst, ob der Kleine es überstehen wird. (Auf die Frage, wie es dazu kommen konnte, sagte mir später mein Gynäkologe, dass eine so genannte „Eklamsie“ wie diese Krampfanfälle bezeichnet werden sehr selten vorkommt, dass man sie nicht erklären und behandeln kann, sie nicht vorher erahnen kann und sie - wenn überhaupt - dann häufig bei „Spätschwangerschaften „ vorkommt - ich war zu diesem Zeitpunkt 37 Jahre alt) Am nächsten Tag kam ich dann, nachdem ich noch eine Nacht zur Beobachtung auf der Entbindungsstation bleiben musste, auf die normale gynäkologische Abteilung. Ich durfte zum ersten Mal zu meinem Kind auf die Frühchenstation. Der Anblick erschlägt einen sofort, wenn man das erste Mal dort ist. Alles voller Apparate und Inkubatoren, überall Monitore, blinken, piepsen, und mittendrin unser kleiner Sohn, nackt und hilflos lag er in seinem Inkubator. Die Ärzte und Schwestern kamen sofort zu uns, erklärten uns alles und waren unglaublich nett zu uns. Ich konnte jederzeit meinen Sohn besuchen, außer in den Zeiten des Schichtwechsels. Ich glaube es war am 3.oder 4. Lebenstag als ich das erste Mal „Känguruhen“ durfte. Ein unglaubliches Gefühl. Zwei Schwestern waren damit beschäftigt, das Kind auf meinen nackten Oberkörper zu legen, alle Infusionen und natürlich den Tubus, Christoph musste von Anfang an direkt beatmet werden, so zu legen, dass das Kind auch weiterhin versorgt war. Das Gefühl, das Kind das erste Mal zu spüren war unbegreiflich. Ein kleiner Mensch, mein Sohn, so winzig klein und warm und hilflos lag da auf mir. So durfte ich jeden Tag, wenn es die medizinischen Umstände erlaubten, känguruhen. 

Christoph hat sehr kämpfen müssen. Aber er war – und ist es immer noch – eine Kämpfernatur (muss er auch, bei einem 1 ½ Jahre älteren Bruder). Am Anfang war alles soweit „normal“. Auf einmal schied er keinen Stuhlgang mehr aus – die Ärzte versuchten alles – nichts ging mehr. Man bereitete uns darauf vor, dass evtl. eine OP mit Anus Präter (künstlichem Ausgang) gemacht werden müsste. An seinem 10. Lebenstag war es so akut, er hatte bis auf ca. 790 g abgenommen, dass man uns dringend in die Klinik bestellte und wir das OK für eine OP geben mussten. Das Gefühl, so etwas zu unterschreiben kann man nicht beschreiben. Das kleine „Menschlein“ wird von großen Männerhänden operiert – sein Leben hängt an einem seiden Faden und man kann als Eltern nichts anders machen als hoffen und beten. Wie dünn der „seidene Faden“ tatsächlich war, war uns in diesem Moment nicht bewusst – Gott sei Dank, erst nach der OP, als wir hörten, dass der Darm schon leicht perforiert war wurde uns klar, dass Christoph großes Glück hatte. Anfangs kämpften die Ärzte Tag und Nacht rund um die Uhr um Christoph, er war verkabelt, überall lagen Infusionskabel herum und zwischendrin der kleine Mann. Aber – er ist eine Kämpfernatur – irgendwann hatte er es geschafft; sein Zustand verbesserte sich und eins ums andere Infusionskabel verschwand aus dem Inkubator. Leider wurde seine Atmung nicht besser, man bereitete uns darauf vor, dass evtl. eine HerzOP notwendig wäre um den Ductus zu schließen. Gott sei Dank war das aber nicht von Nöten. Dank einer Hydrocortisontherapie wurden seine Lungen besser, der Ductus schloss sich ebenfalls. Am 24. Lebenstag wurde der Tubus entfernt. Diese „Aktion“ werde ich auch nie vergessen. Ich känguruhte mit Christoph und während dessen entfernte die Oberärztin den Tubus und er wurde durch eine CPAP –Beatmung ersetzt, was Christoph auch toll meisterte. Während dem Känguruhen hatte er jedesmal eine viel bessere und ausgeglichenere Atmung als sonst. Sein Zustand verbesserte sich, er nahm immer etwas mehr zu, natürlich gab es dann auch Tiefpunkte, da er sich die eine oder andere Infektion einfing, mit Fieber usw, die dann wieder besondere Behandlungen erforderte. An seinem 60. Lebenstag wurde er erneut operiert. Verdauungsmäßig ging wieder gar nichts mehr. Er erbrach die Milch – und es erfolgte auch kein Stuhlgang. Die Ärzte entschieden sich für eine erneute OP mit der Aussicht, dass evtl. der Anus Präter zurückverlegt werden könnte. Außerdem wurde noch ein Leistenbruch festgestellt, der auch gleich behoben werden sollte. Wieder die Entscheidung die Unterschrift für eine solch große Operation zu geben. Aber in einer solchen Situation bleibt einem als Eltern auch wieder nichts anderes übrig als unter Tränen zu unterschreiben und zu hoffen und zu beten. Die Erleichterung nach der OP war unbeschreiblich, wieder liefen die Tränen. Der Anus Präter wurde tatsächlich zurückversetzt, der Leistenbruch wurde von innen behoben. Bei der OP wurde festgestellt, dass sich am Dünndarm einige Verwachsungen gebildet hatten und dass diese die Verdauung behindert hatten. Anfangs hatte Christoph nach der OP noch große Kreislaufprobleme aber diese wurden mit der Zeit besser. Er vertrug die Milch wieder und auch die Verdauung klappte wieder. Er nahm kontinuierlich zu und wuchs auch. Nach und nach konnte die Sauerstoffversorgung verringert werden, er hatte dann nur noch eine leichte Sauerstoffzufuhr. Irgendwann kam ich ins Zimmer und suchte meinen Sohn, es war kein Wärmebett mehr da, in dem Zimmer standen nur 2 Kinderbettchen. Ich suchte und man sagte mir, Christoph sei jetzt in ein normales Babybettchen umgezogen. Ein schönes Gefühl. Es gab auch sehr schöne Zeiten auf der Frühchenstation. Es entwickelte sich ein schöner Kontakt zu den anderen Müttern, die ebenfalls täglich zu ihren Kindern kamen, man saß zusammen im Zimmer, sein Kind auf dem Arm und „klönte“ und tauschte sich einfach aus. Eines Tages klebte an Christophs Bettchen ein Zettel mit einem Häuschen drauf. Außerdem hatte er einen Schlafsack an. Man sagte mir, dass das bedeutet, dass er bald nach Hause darf! Unbeschreiblich schön! Leider wurde dann aber festgestellt, dass er gelegentlich noch immer einige Bradykadien hatte, so dass es notwendig war, ihn mit einem Heimmonitor zu versorgen. Wir erhielten dann einen Einweisung in Beatmung und was im Notfall zu tun ist, wenn tatsächlich eine Bradykadie bzw. Apnoe eintritt. Am 25.06.2007 (errechneter Geburtstermin 23.06.) – an seinem 101. Lebenstag, durften wir ihn mit nach Hause nehmen. Entlassungsgewicht 2700g , Größe 45 cm, Kopfumfang 33,5cm. Die Kleidergröße 50 war noch etwas zu groß. 

Der Heimmonitor blieb uns bis Anfang April 2008 erhalten und hat uns so manche schlaflose Nacht bereitet, da die Elektroden oft Fehlalarme ausgelöst haben. Apropos Nächte, was sehr vorteilhaft war, dass Christoph durch die Frühchenstation schon auf einen Tag-Nacht –Rhythmus eingestellt war, d.h. dass er nachts nicht so oft Hunger hatte/wach wurde wie ein „normales „ Neugeborenes“ Baby.

Ende Juli 2007, also relativ kurz nach seiner Entlassung, ging „Verdauungsmäßig“ wieder nichts mehr. Ich hatte kurz vorher von der Frühgeborenenmilch auf die normale Pre-Milch umgestellt und der erbrach nur noch und hatte keinen Stuhlgang mehr. Die Folge war, dass er wieder in die Klinik musste, da auch ein erneuter Leistenbruch festgestellt wurde. Er wurde dann daraufhin erneut operiert, der Leistenbruch wurde behoben und gleichzeitig hatte man festgestellt, dass sich der Darm in die Stelle des Leistenbruchs eingeklemmt hatte. Dies wurde alles behoben und nach 11 Tagen konnte ich Christoph wieder mit nach Hause nehmen. Er entwickelte sich sehr gut und Ende des Jahres bekam er dann 2x wöchentlich Krankengymnastik nach Bobath. Seit Oktober 2008 läuft er und mittlerweile(er hatte am 18.03.09 seinen 2. Geburtstag) hat er auch das Klettern entdeckt. Gegenüber seinem größeren Bruder behauptet er sich schon sehr gut (Kämpfernatur!) und entwickelt auch schon einen schönen „starken Willen“! Er ist, denke ich, nicht weniger lebhaft oder weniger ruhig als ein großer „Racker-Bruder“!

Kurz vor seinem 2. Geburtstag waren wir zur U7 bei der Kinderärztin, sie ist ebenfalls sehr zufrieden mit Christophs Entwicklung, er ist etwa 6 Monate in seiner Entwicklung „hintendran“, er ist aber kerngesund hat - außer der großen Narbe auf dem Bauch –keinerlei Behinderungen zurückbehalten. Er ist ein ganz normaler kleiner Junge, der irgendwann auch das halbe Jahr Rückstand aufgeholt haben wird. Im ersten Winter hat er zur Stärkung des Abwehrsystems monatlich eine Synagis-Spritze erhalten. Diesen Winter hat er öfter mit Bronchitis zu kämpfen, möglicherweise bedingt durch seine lange Beatmung. Aber mit einem Inhalator ist das immer schnell wieder behoben. 

Wir sind sehr glücklich und dankbar, dass Christoph sich so gut entwickelt hat. Es ist ein großes Geschenk und er und wir hatten sehr viel Glück. Nicht zuletzt durch die fabelhafte und wunderbare Betreuung durch die Professoren, Ärzte und Schwestern der Frühchenstation und Kinderklinik Worms und im Anschluss die der Kinderärztin, denen wir allen von Herzen danken.

Alle Eltern, die aus vielen verschiedenen medizinischen Gründen auf der Frühchenstation „landen“ wollen eigentlich nie dahin. Es sind immer Eltern, die voller Angst und Sorge um ihr Kind sind. Aber auf dieser Station sind sie wirklich in sehr guten Händen, das können wir alle nur bestätigen.

25.03.2009 Christoph und Adrian, Patricia und Bernd

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